Vente: 590 / Evening Sale 06 juin 2025 à Munich button next Lot 125000497

 

125000497
Louise Bourgeois
The Welcoming Hands, 1996.
Bronze
Estimation: € 250,000 / $ 282,500
Les informations sur la commission d´achat, les taxes et le droit de suite sont disponibles quatre semaines avant la vente.
The Welcoming Hands. 1996.
Bronze mit Silbernitrat-Patina.
Auf der Unterseite mit dem eingeschlagenen Monogramm, der Datierung, Nummerierung und dem Gießerstempel "MAF" (in Ligatur). Exemplar 2/3 (zzgl. eines Künstlerexemplars). 12 x 64 x 47 cm (4,7 x 25,1 x 18,5 in).
Lebzeitguss, gegossen 2010 von der Modern Art Foundry, New York (mit dem Gießerstempel). [CH].

• Verletzlichkeit und Schutz: emotional aufgeladenes Werk der für ihre psychoanalytischen, surrealen Skulpturen bekannten Künstlerin.
• Als Vorlage für die "Welcoming Hands" dienen Louise Bourgeois ihre eigenen Arme und Hände sowie die ihres langjährigen engen Vertrauten und Assistenten Jerry Gorovoy.
• Die Künstlerin gilt als eine der bedeutendsten und einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts und als Pionierin der Installationskunst.
• 1993 und 2005 ist die Künstlerin auf der Biennale von Venedig vertreten, 1999 wird ihr dort der "Leone d'oro" für ihr Lebenswerk verliehen und noch im selben Jahr der japanische Praemium Imperiale.
• Ihre Skulpturen und Installationen sind Teil der weltweit namhaftesten musealen Sammlungen, darunter das Centre Pompidou, Paris, die Fondation Beyeler, Basel, die Tate Modern in London sowie das Solomon R. Guggenheim Museum, das Metropolitan Museum of Art und das Museum of Modern Art, New York
.

PROVENIENZ: Galerie Hauser & Wirth, Zürich.
Vom jetzigen Eigentümer 2012 vom Vorgenannten erworben.

AUSSTELLUNG: Louise Bourgeois, Skulpturen, Zeichnungen und Druckgrafik, Kunstsammlung Städtische Museen, Jena, 4.9.-21.11.2010, S. 52, Kat.-Nr. I/19 (m. Abb., Ex. 1/3).
Louise Bourgeois, Alex Van Gelder. Armed Forces, Hauser & Wirth, Zürich, 12.2.-14.5.2011.

"These are friendly hands. You see this by the open gestures, the interlocking of the forms, and the firm grasps. These hands are vulnerable and receptive. There is a desire to touch and be touched, to cradle and to caress. They reflect the way a grown-up will hold the hand of a child, with a feeling of protection and affection. These hands are accepting hands that convey 'we love you no matter what'. Everyone is needed, everyone has a place, and everyone is welcome."
Louise Bourgeois, April 2000

"I am what I do with my hands."
Louise Bourgeois, transkr. nach einem Interview für die Dokumentation "Identity" von Susan Sollins und Susan Dowling, ausgestrahlt von PBS, September 2001, hier zit. nach: How Louise Bourgeois Confronts the Past through Sculpture, Art21, https://www.youtube.com/watch?v=NloOARl7NaI.

Unveiling the Soul: Leben und Werk von Louise Bourgeois
Louise Bourgeois gilt heute als eine der einflussreichsten Künstlerinnen des 20. und frühen 21. Jahrhunderts. In ihrem sehr persönlichen, komplexen und vielfältigen künstlerischen Schaffen in den Bereichen der Bildhauerei, Installation, Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Performance-Kunst verarbeitet die Künstlerin kathartisch verschiedene, während ihres langen Lebens gesammelte Erlebnisse und Traumata und setzt sich sowohl mit der weiblichen Sexualität, dem angespannten Verhältnis zu ihrem Vater und der Liebe zu ihrer kranken Mutter, Geburt und Tod, der eigenen Rolle als Mutter, Ehefrau und Künstlerin, mit Selbstzweifeln und großen menschlichen Emotionen auseinander.
Als Kind leidet Bourgeois insbesondere unter dem starken Patriarchat in ihrer Familie, unter dem emotional konfliktreichen Familienleben und der Untreue ihres Vaters. 1932 beginnt Bourgeois an der Sorbonne in Paris Mathematik zu studieren, gibt das Studium jedoch zugunsten der bildenden Künste auf. In den darauffolgenden Jahren studiert sie an der École nationale supérieure des Beaux-Arts, der Académie de la Grande Chaumière, der École du Louvre sowie in mehreren Kunstschulen und Künstlerateliers, darunter im Atelier von Fernand Léger (1881-1955). Nach ihrer Eheschließung mit dem Kunsthistoriker Robert Goldwater (1907-1973) zieht das Ehepaar 1938 in die USA, wo Bourgeois ihre künstlerische Tätigkeit fortsetzt. Ihre Karriere entwickelt sich jedoch nur langsam und größere Erfolge bleiben zunächst aus. Zu ihren frühesten Werkserien gehören die "Personnages" (1945-1955), freistehende Holzskulpturen, die an urbane Architektur erinnern, insbesondere aber als skulpturale physische Verweise auf menschliche Figuren fungieren. In den darauffolgenden Jahren arbeitet Louise Bourgeois mit den unterschiedlichsten Materialien, darunter Latex und Gips, Textilien, Marmor und Bronze sowie gesammelte Fundstücke und Alltagsgegenstände. In den 1980er Jahren entstehen erste Arbeiten ihrer Werkserie der "Zellen", einzigartige, teilweise räumlich begehbare oder durch Gucklöcher zu betrachtende Environments. In den 1990er Jahren schafft Bourgeois schließlich ihre ersten "Spinnen"-Plastiken aus Stahl und Bronze, die heute zu den berühmtesten Arbeiten der Künstlerin gehören. Ab 2000 entsteht die Serie der monumentalen Riesen-Spinnen "Maman".

Freundschaft, Verletzlichkeit, Fürsorge und Schutz: The Welcoming Hands
In ihren Werken versucht Bourgeois ihren Ängsten eine physische Form zu geben, um sie loszuwerden, und schafft dafür eine ganz eigene Bildsprache und Symbolik, indem sie wiederkehrende Motive verwendet, darunter Spinnen, Körperteile und Häuser, mit denen sie den Betrachter:innen ermöglicht, an ihrer Gefühlswelt, an ihrem Innersten teilzuhaben. Ihre Werke sind somit untrennbar mit ihrem Leben, ihren Erlebnissen und Erfahrungen verbunden.
Die hier angebotene Arbeit "The Welcoming Hands" aus der gleichnamigen Werkreihe entsteht 1996 als Abguss der Hände und Unterarme der Künstlerin und ihres Assistenten, guten Freundes sowie engen Vertrauten Jerry Gorovoy, den die damals bereits fast 70-jährige Künstlerin 1980 anlässlich einer von Gorovoy kuratierten Ausstellung in der Max Hutchinson Gallery in SoHo kennenlernt. Damals kritisiert sie die Präsentation einer ihrer Arbeiten. Der Disput wird beigelegt und endet schließlich in einer jahrzehntelangen engen Zusammenarbeit und Freundschaft.
Mit den ineinander verschlungenen Händen thematisiert "The Welcoming Hands" die vertrauensvolle Beziehung zwischen Bourgeois und Gorovoy: "It is really our hands. It shows how much I care about the whole thing. It shows how much the emotion these express is true. It is an emotion that has been lived and that is real, it's not something made up." (Louise Bourgeois, transkr. nach einem Interview für die Dokumentation "Identity" von Susan Sollins und Susan Dowling, ausgestrahlt von PBS, September 2001, hier zit. nach: How Louise Bourgeois Confronts the Past through Sculpture, Art21, https://www.youtube.com/watch?v=NloOARl7NaI)
In manchen Arbeiten dieser Werkreihe sind es die Hände der Künstlerin, die schützend umfassen, in anderen – wie der hier angebotenen – nimmt sie die Rolle der Schutz Suchenden, Verletzlichen ein und manchmal halten sich die Hände gegenseitig fest. Mit diesem Werk thematisiert Bourgeois demnach ihre eigene Verbundenheit und gleichzeitige Abhängigkeit von ihrem engsten Freund und Assistenten, der ihr Zeit ihres Lebens nicht nur bei der Arbeit in ihrem Atelier zur Hand geht, sondern ihr auch in Zeiten persönlicher innerer, selbstzerstörerischer Kämpfe mit Ängsten und Selbstzweifeln beisteht. "Wenn man sich am Grunde eines Brunnens befindet, blickt man um sich und fragt sich, wer einen da rausholen wird. In meinem Fall kommt Jerry und hat ein Seil dabei; ich klammer mich an das Seil, und er holt mich raus." (Louise Bourgeois in einem Interview mit Lawrence Rinder. 1995, zit. nach: Jean-François Jaussaud, Louise Bourgeois. Das Haus der Künstlerin, München 2019, S. 27)
Seit 2000 ist eine auf großen Steinen montierte Auflage der sechs Bronzegüsse "The Welcoming Hands" Teil der Sammlung des französischen Fonds National d'Art Contemporain und seither im Garten der Tuileries in Paris zu sehen.

"If this doesn’t touch you, I have failed."
Wie ihren weltberühmten Spinnen-Skulpturen wohnt auch dem Werk "The Welcoming Hands" eine faszinierende Ambiguität inne. Es erzählt von Freundschaft, Schutz sowie Verlässlichkeit und enthält aufgrund der Vereinzelung der silbrig patinierten Gliedmaßen zugleich einen verstörenden, fast morbiden Unterton, den auch Bourgeois' Spinnen haben. Als wunderbares Beispiel für ihr gesuchtes Spätwerk verbildlicht das Werk auf eindrucksvolle Weise die komplexe Psyche der Künstlerin, die ihr für ihr gesamtes, mehr als sieben Jahrzehnte umspannendes Œuvre als wichtigste Quelle der Inspiration dient. Es ist intime, dreidimensional erfahrbare Verbildlichung ihrer wichtigsten persönlichen Bindung und innersten Gefühle. "A work of art doesn’t have to be explained. If you say: 'What does this mean? Well, if you do not have any feeling about this, well, I cannot explain it to you. If this doesn’t touch you, I have failed." (Louise Bourgeois in einem Interview für die Dokumentation "Identity" von Susan Sollins und Susan Dowling, ausgestrahlt von PBS, September 2001, hier zit. nach: How Louise Bourgeois Confronts the Past through Sculpture, Art21, https://www.youtube.com/watch?v=NloOARl7NaI)

Von ihren frühen "Personnages" aus Holz in den 1940er Jahren bis zu ihren weichen, ausgestopften Stofffiguren der 2000er Jahre kreist Louise Bourgeois' Schaffen um die menschliche Figur und um die existenziellen Themen des 'Menschseins'. Vereinzelte Gliedmaßen und insbesondere Hände sind als Motiv dabei häufiger zu finden, mit ganz unterschiedlichen Bedeutungen und einer breiten Palette von Materialien. 2006 porträtiert die Künstlerin nach "The Welcoming Hands" mit der kolorierten druckgrafischen Suite "10am Is When You Come To Me" noch einmal ihre Hände und die ihres Assistenten Jerry Gorovoy. 2010 stirbt Louise Bourgeois im Alter von achtundneunzig Jahren. Bis zu ihrem Tod ist sie künstlerisch tätig und hinterlässt schließlich ein über sieben Jahrzehnte umspannendes Œuvre. Das hier angebotene Exemplar wird 2010 noch zu Lebzeiten der Künstlerin gegossen.

"Eine der bedeutendsten und einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten unserer Zeit" (Fondation Beyeler)
Das vielseitige, beeindruckende Schaffen der Jahrhundert-Künstlerin Louise Bourgeois wird erst 1982 - nach fünf Jahrzehnten künstlerischer Arbeit - mit einer ersten umfassenden Retrospektive im Museum of Modern Art, New York, geehrt. 1992 ist sie auf der documenta IX in Kassel vertreten, im darauffolgenden Jahr vertritt die Künstlerin die Vereinigten Staaten auf der 45. Biennale von Venedig und stellt auch 2005 noch einmal auf der Biennale von Venedig aus. 1999 wird ihr dort der "Leone d'oro" für ihr Lebenswerk verliehen und noch im selben Jahr der japanische Praemium Imperiale. 2007 wird ihr in der Londoner Tate Modern, im Centre Pompidou in Paris, im Solomon R. Guggenheim Museum in New York und im Museum of Contemporary Art in Los Angeles sowie im Hirshhorn Museum & Sculpture Garden in Washington, D.C., eine große Wanderausstellung gewidmet. Die Liste der darauf folgenden groß angelegten Solo Shows der vergangenen Jahre lesen sich wie ein Who's Who der weltweit bedeutendsten Museen: hinter das Belvedere in Wien (2023/24) reihen sich bspw. das Nasjonalmuseet in Oslo (2023), das Metropolitan Museum of Art, New York (2022), das Kunstmuseum Basel (2019), das Rijksmuseum, Amsterdam (2018), das Museum of Modern Art in New York und das San Francisco Museum of Modern Art (2017), die Tate Modern in London und das Guggenheim Museum in Bilbao (2016), das Louisiana Museum für moderne Kunst in Humlebæk, die National Gallery of Art in Washington, D.C. und das Haus der Kunst in München (2015) sowie die Fondation Beyeler in Riehen/Basel (2011/12). [CH]



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Louise Bourgeois
The Welcoming Hands, 1996.
Bronze
Estimation: € 250,000 / $ 282,500
Les informations sur la commission d´achat, les taxes et le droit de suite sont disponibles quatre semaines avant la vente.